PG Vorspessart

Am späten Sonntagnachmittag des 24. Juli 2022 war die wunderschöne spätbarocke Pfarrkirche St. Vitus in Sailauf Schauplatz eines besonderen Konzertes im Rahmen der beiden Festivals „Historische Orgellandschaft RheinMain“ und „Klanglandschaft Mainfranken“.

Das Männer-Vokalensemble KADMOS, ein im Jahre 2021 aus 24 versierten Choristen des Rhein Main-Gebiets gegründeter Projektchor, gab unter der Leitung von Ralf Emge, Bundes-Chormeister des Maintal-Sängerbundes, sein Debüt in unserer Region. Ein besonderes Konzert - nicht zuletzt auch deshalb, weil Männerchöre in der heute vorzufindenden Chorlandschaft fast schon ein Alleinstellungsmerkmal besitzen. Denn selbst beim Deutschen Chorfest in Leipzig Ende Mai 2022, bei dem dieser Chor mit demselben Programm den Maintal-Sängerbund 1858 e.V. repräsentierte, war KADMOS der einzige (!) Männerchor im offiziellen Programm .

Frau Susanne Mahlmeister, der Pfarrgemeinderatsvorsitzenden der Kirchengemeinde St. Vitus zu Sailauf, war in der Begrüßung der Konzertbesucher ihre Freude darüber sichtlich anzumerken, dass nach einer so langen Zeit nun endlich wieder Konzerte stattfinden können und dürfen.

In dem Konzert erklangen zwei selten zu hörende Chorwerke der Romantik mit Orgelbegleitung. Zum einen die Messe in B-Dur op. 172 des Liechtensteiner Komponisten Josef Gabriel Rheinberger, die kontrapunktische Raffinesse mit romantischer Harmonik zu einem eindrucksvollen Klangerlebnis vereint. Zum anderen Robert Schumanns Motette „Verzweifle nicht im Schmerzenstal“, deren Text auf einem Gedicht Friedrich Rückerts basiert, und die insbesondere aufgrund der doppelten Männerchorbesetzung als ausgesprochen schwierig angesehen und demzufolge selten aufgeführt wird. Der typische Tonfall der späten Werke des Komponisten mit expressiven Stimführungen und einer bis an die Grenzen der Tonalität gespannten Harmonik bot außergewöhnlichen Musikgenuss.

In beiden Stücken zeigte der von Ralf Emge professionell einstudierte und geführte Chor seine ausgesprochen hohe Qualität, die sich - in voller Bandbreite zwischen furios/ stimmgewaltig bis hin zu zart/ feinfühlend – gerade bei den a cappella-Stücken so wohltuend angenehm und spürbar Gänsehaut erzeugend bemerkbar machte. Im Credo und Benedictus der Rheinberger-Messe brillierte zudem solistisch der Tenor Matthias Heil.

Zwischen diesen beiden Chorwerken erklang Felix Mendelssohn Bartoldys eindrucksvolle Sonate in f Moll, die auch hörbar zahlreiche Bezüge zur italienischen Symphonie des Komponisten bis hin zu Bachs Matthäuspassion aufwies.

Der Freigerichter, in namhaften Kompositionswettbewerben vielfach ausgezeichnete Komponist und Organist Stephan Adam gestaltete souverän auf der historischen Harrison & Harrison-Orgel aus dem Jahr 1902, von ihrem Klang her eine Orgel der Romantik mit typisch englischer Klangästhetik, und seit Dezember 2014 gleichsam ein Juwel auf der Empore dieses spätbarocken Kirchenschiffs.

Die etwas mehr als 100 Zuhörer gaben den Akteuren, die sich zum Ende des Konzerts von der Empore in den Altarraum zu einer Zugabe von Rheinbergers Ave Maria zusammenfanden, einen begeisterten und mehr als verdienten Applaus. Fazit: Ein rundum außergewöhnliches, sehr gelungenes Konzert, das allein deshalb schon Appetit auf mehr, sozusagen Appetit auf irgendwann einmal wieder Dal Segno oder auch Da capo machte.

Text: Werner Heun
Fotos: Susanne Mahlmeister

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