PG Vorspessart
In einem feierlichen Seelenamt am 4. 11. 2013 in St. Nepomuk Feldkahl gedachten trauernde Mitchristen ihrer verstorbenen Angehörigen. Ins Gebet eingeschlossen waren insbesondere die Toten des vergangenen Jahres.

Gleich zu Beginn erklang meditative Orgelmusik gefolgt vom lateinisch gesungenen „Requiem aeternam“ (GL 929).  Es sei gute Tradition, im November an die Verstorbenen zu denken, sagte Pfarrer Uwe Schüller in seinen Einleitungsworten. „Wir empfehlen sie Gott an und dürfen fest daran glauben, dass sie bei ihm Heimat gefunden haben. Der Herr vergelte ihnen die Liebe und die Sorge, die sie uns entgegengebrachten.“

Im Kyrie hieß es unter anderem: „Wir glauben und vertrauen darauf, dass die Verstorbenen in dir geborgen sind, dass du für sie eine Wohnung bereitet hast und dass du auch uns begleitest und Trost spenden willst.“

 vergrößernSeelenamt für die Verstorbenen der PG am 4. 11. in Feldkahl Christian Seitz

Zum Antwortpsalm sang der Pfarrer „Der Herr ist mein Licht und mein Heil“ (GL 719) im Wechsel mit der Gemeinde. Statt der Predigt trug Gemeindereferentin Maria Fries die Geschichte vom lächelnden Engel vor. An vielen alten Kirchen gebe es derartige Engelfiguren. Das Dunkel des Todes müsse von jedem abfallen, der in ihr schmunzelndes Gesicht sieht. Sie uns wollten uns die Angst vor dem Tod nehmen.

Im Anschluss an die tröstende Beispielgeschichte (vgl. Anhang) verlas Frau Fries die Namen der 56 Verstorbenen mit Sterbedatum aus den vier Dörfern, die im vergangenen Jahr zu Grabe getragen wurden. Dazu zündeten Messdienerinnen jeweils eine Kerze an, während die Glocke vom Turm läutete. Zusammen ergaben die Grablichter vor dem Altar ein sehr schönes, tröstliches Bild. „Zum Paradies mögen Engel dich geleiten“ (GL 85) sangen Pfarrer und Gemeinde. Im Messopfer wurden die Toten durch das Gebet ins Erlösungswerk Jesu Christi mit hineingenommen, so sagte es der Glaube.  

 vergrößernSeelenamt für die Verstorbenender des vergangenen Jahres in der Pfarreiengemeinschaft: Einzelsegen
 Susanne Mahlmeister

Trost und Ermutigung auf dem weiteren Lebensweg ließen sich zahlreiche Trauernde im anschließenden Einzelsegen noch persönlich zusprechen. Die Grablichter durften sie mitnehmen und auf die Gräber ihrer Angehörigen stellen: „Das Licht leuchte den Verstorbenen, doch auch Ihrer Familie auf ihrem weiteren Lebensweg.“ sagte Pfarrer Schüller. Auf seine Anregung hin waren vom Pfarramt im Vorfeld persönliche Einladungen zum Seelenamt an die Hinterbliebenen verschickt worden. Dies wurde gut angenommen, so dass die schön geschmückte St. Nepomukkirche an diesem Abend voll besetzt war.

Lange noch spielte Susanne Kuhn an der Orgel getragene Melodien, u.a. auch „Näher mein Gott zu dir.“ Sicher war der auf sensible Weise gestaltete Gottesdienst ein guter Trost für die Besucher, als sie in den stürmischen Herbstabend hinaustraten.

Der lächelnde Engel

In einem der alten hochragenden Dome des fränkischen Landes steht an einer Säule ein steinerner Engel, aus dessen Gesicht ein heiteres Schmunzeln leuchtet. Es ist, als müsse alle Furcht vor Dunkel und Tod von jedem abfallen, der in dies Gesicht sieht.

Das aber ist die Geschichte, wie der kunstfertige Steinmetz Andreas am Ried vor vielen Jahrhunderten dazu kam, dem Engel diese Züge einer irdischen Heiterkeit, ja eines fröhlichen Spottens zu geben.

Da er, elternlos, bei einer frommen Tante aufwuchs, suchte sie den übermütigen Buben zu schrecken mit der Furcht vor dem Grauen der Hölle und dem Dunkel des Todes. Womit sie zunächst erreichte, dass der kleine Andreas eine große Angst bekam vor dunklen Kellergewölben und lichtlosen Torgängen und dass er nicht gern allein im Dunkel blieb.

 vergrößernlächelnder Engel an der Kathedrale von Reims Christian Seitz

Nun lebte in der Stadt noch eine andere Verwandte: die heitere Frau des Weinküfers Hieronymus Dotterweck mit ihren sieben Kindern. Da hätte der Andreas lieber gehaust, als bei der alten unfrohen Tante! Es war aber dort kein Platz. Nur tagsüber war Andreas oft in diesem fröhlichen Haus am Berghang, und Barbara Dotterweck hatte ihn ins Herz geschlossen. Sie wusste nun von der Not des Andreas, die er aus dem Haus der Tante mitbrachte. Diese Düsterkeit und die Furcht vor Dunkel und Tod. Sie überlegte wie sie ihn davon heilen könnte.

Sie wusste, wie sehr er sich scheute, die dunkle Kellertreppe hinabzusteigen, und dass er nie zu bewegen war, Wein aus dem tiefen dunklen Kellergewölbe zu holen. Darauf gründete sie ihren listigen Plan, den sie an einem Frühlingssonntag ins Werk umzusetzen gedachte. Andreas kam nach dem Kirchgang ins Küferhaus, wo er am festlichen Essen teilnehmen durfte. Er war voll froher Erwartung. Da reichte ihm Mutter Barbara einen Zinnkrug: Geh, Andreas, hol dem Vater Wein ... das hab ich vergessen!" Da fiel die Freude ab von dem Buben - so schrecklich schien ihm das Dunkel des tiefen Kellers.

Mutter Barbara lächelte: "Hast Furcht, Andreas? Musst aber einmal ins Dunkle gehen, bis ans Ende! Musst wissen, wie‘s da ist ... " Und setzte hinzu: "Aber wart, ich geh mit dir, ich zeig dir‘s bis ganz in die Tiefe!" Sie nahm einen Kienspan, entzündete ihn und nahm den Buben bei der Hand. Es ging die Treppe hinab. Nur schwach erhellte das flackernde Licht die dunklen Gewölbe. Fest hielt Andreas Barbaras Hand. Sie aber blieb vor einer Falltür stehen, ließ ihn los und hob den schweren Deckel. Dann stieg sie hinab in ein zweites Gewölbe, das tief unten lag. Andreas musste, um nicht im Dunkel zurückzubleiben, Barbara und dem leuchtenden Kienspan hinab in die Tiefe folgen. Als er unten war, flüsterte er scheu: "Ist das das Letzt?"

"Wart nur, Bub", sagt sie, "wirst es schon spüren. Musst ganz bis ans Ende." Sie bückte sich und zog Andreas mit sich in ein niedriges dunkles Gewölbe. Da verlosch der Kienspan. Tiefe, schwarze Dunkelheit umfing sie. "Ist das das Letzt?" fragte der Bub. "Ja, das ist das Letzt", sagte Barbara, "und nun gib acht, wie das "Letzt" wirklich ist". Sie ließ seine Hand los und er hörte, wie sie einen Riegel einer Tür zurückschob, die der zweite Ausgang des Kellers war und
der auf den Berghang mündete, auf dem das Küferhaus stand.

Vor ihnen lag im hellen Sonnenlicht das weite Frühlingsland, die Bäume blühten am Hang, die Vögel sangen, und im Tal glitzerte der Fluss. Andreas aber war geblendet und voll einer solchen Freude, dass ihm der Jubelschrei im Hals steckenblieb.

Dann sah er auf zu Mutter Barbara. Das Lächeln, das auf ihrem Gesicht lag und auf ihn niederschaute hat er im Leben nie vergessen. "Schau Andreas, das ist das Letzt!" sagte sie. Von da an war alle Furcht von ihm gewichen. Nicht Tod und Dunkel sind das Letzte, sondern das wahre, lebendige Licht.

Andreas wurde Steinmetz und das erste große Bildwerk, das er schuf, war der Engel mit den lächelnden Gesichtszügen der guten Frau Barbara, das um die Nichtigkeit des Todes weiß, und das viele hundert Jahre hindurch bis in unsere Zeit leuchtet.

Wolfgang Zenker

 

 

 

 

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