PG Vorspessart
Unser Vikar Tomy Cherukara gehört der syro-malabarischen Kirche in Kerala/ Indien an. Wie in seiner Heimat die Kar- und Ostertage begangen werden, berichtet er unseren Lesern.

Die Fastenzeit fängt bereits am Montag der ersten Fastenwoche an, man könnte ihn „Aschermontag“ nennen, denn die Symbolik ist dieselbe wie hierzulande am Aschermittwoch.  Aus der Asche alter Kokospalmzweige des Vorjahres wird den Gläubigen als Zeichen der Umkehr ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet. In der 50-tägigen Fastenzeit haben wir jeden Tag in jeder Pfarrei Gottesdienst. In der Fastenzeit kommen viele Kinder mit ihren Eltern zum Gottesdienst in die Kirche.

Alle Christen sind eingeladen, viertägige Exerzitien zu besuchen, die in einer der sechs Fastenwochen in den Pfarrgemeinden angeboten werden: In Predigten, Gottesdiensten, Gebeten und Katechesen bereiten sie sich geistlich auf das Osterfest vor. Am Vormittag kommen die Frauen, abends nach der Arbeit die Männer. In der Karwoche kommen die Gläubigen in die Kirche zum Beichten.

Palmsonntag

Am Vorabend des Palmsonntags tragen die Leute Zweige von Kokospalmen in die Kirche. Am Palmsonntag beginnt der Gottesdienst mit der Palmweihe an einem besonderen Gebäude im Dorf, z. B. der Schule. Danach findet eine Prozession statt und anschließend feiert man gemeinsam den Gottesdienst. Die Christen nehmen die Palmwedel mit nach Hause. Dort, so glaubt man, bringen sie Segen für Haus, Garten und Feld.

Gründonnerstag

Am Gründonnerstag haben wir um 9:00 Uhr vormittags in allen Pfarreien Gottesdienst mit Fußwaschung; nach dem Gottesdienst Anbetung bis zum Abend. Verschiedene Gruppen, z.B. Männerkreis, Frauenbund, Pfarrgemeinderat, Ministranten leiten die verschiedenen Anbetungsstunden.

Abends haben wir eine besondere traditionelle Zeremonie zu Hause. Die ganze Familie kommt zusammen, betet und liest in der Bibel die passenden Stellen: im Alten Testament aus dem Buch Exodus, im Neuen Testament z.B. die Stelle vom Abendmahl Jesu. Jede Familie bereitet ein besonderes Brot vor: KURISAPPAM. Es dürfen alle essen, die zuvor bei der Beichte waren.

vergrößernKurisappam Tomy Cherukara

Der Vater teilt das Brot an alle Mitglieder in der Familie aus. Das älteste Familienmitglied bekommt zuerst und das jüngste zuletzt. Wenn es in der Familie keinen Vater mehr gibt, dann wird die Aufgabe dem ältesten Sohn übertragen. Alle katholischen Nachbarn nehmen an der Zeremonie teil. Sie besuchen sich reihum gegenseitig in jedem Haus und teilen das Brot. Wenn z.B. fünf Familien in der Nachbarschaft wohnen, kann das bis spät in die Nacht hinein dauern! Gibt es unausgeräumte Streitigkeiten, so nutzt man die Besuche auch in guter Absicht, um sie beizulegen und sich wieder zu versöhnen.

 

Es handelt sich dabei um ein ungesäuertes Brot aus Reismehl und Kokosnussmark, gewürzt mit etwas Salz und Cardamon. Es soll an das Brot erinnern, das die Israeliten vor dem Auszug aus Ägypten gegessen haben und das sie heute noch zum Pessachfest verzehren. Ungesäuertes Brot verteilte Jesus auch beim letzten Abendmahl an seine Jünger.

Vor dem Backen legt die Mutter zwei Stückchen gesegneter Palmblätter in Form eines kleinen Kreuzes auf das Brot. Ist das Brot, das oft in runden Formen gebacken wird, fertig, entfernt sie die Blättchen und schneidet es in Teile. Es sollte möglichst ganz frisch gegessen werden. Jedes Familienmitglied darf von dem hellen, weichen Brot ein Stück essen. Daneben gibt es zum Abendessen auch ungesäuertes Brot ohne Palmblätter, Obst und Tee. Es ist schon ein schönes Gefühl, wenn Familienmitglieder, die inzwischen fortgezogen sind, von weither kommen, um mitzufeiern. Das Teilen des Brotes am Gründonnerstagabend stärkt das Gemeinschaftsgefühl in besonderer Weise.

Karfreitag

Am Karfreitag haben wir vormittags um 8:00 Uhr Karfreitagsliturgie. Zur Kreuzverehrung kommen die Gläubigen nach vorne und küssen das Kreuz. Nachmittags um 3:00 Uhr fängt die Kreuzwegliturgie meistens auf einer Straße an. Der Weg der Liturgie  führt oftmals auf einen Berg in Erinnerung an den Kalvarienberg zu dem Jesus gegangen ist. Gruppen, die den Kreuzweg vorbereiten, legen kleine Holzkreuze als Stationen auf den Boden.

Am Abend singen viele Familien traditionell ein besonders Lied: PAANAWAYANA. Es ist sehr lang, wird ohne Instrumentalbegleitung gesungen und beschreibt das Leben, Leiden und Sterben Christi.

Karsamstag

Am Samstagvormittag  fängt der Gottesdienst mit Weihwassersegnung und Segnung der Osterkerze an, während der Samstagsliturgie kann es auch eine Tauffeier geben. Wasser als Symbol für das neue Leben in Christus, Licht als Symbol für Christus, das Licht der Welt und die Auferstehung.

Ostern

Bereits am Sonntag früh um 3:00 Uhr findet die Auferstehungsfeier statt mit einer Lichterprozession rund um die Kirche und anschließend einem feierlichen Gottesdienst. Die Kirche wird am Vorabend mit grünen Zweigen und bunten Blüten schön geschmückt zum Zeichen für das neue Leben, das Christus uns durch seine Auferstehung geschenkt hat. Wenn es möglich ist, kommen auch dazu alle Mitglieder einer Familie zusammen. Es herrscht eine frohe, gelöste Stimmung und alle Leute wünschen sich gesegnete Ostern.

Allen Lesern und Mitchristen unserer Pfarreiengemeinschaft wünsche ich eine intensive Karwoche und ein frohes Osterfest!

Ihr Vikar Tomy Cherukara.

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