PG Vorspessart

Liebe Mitchristen, sie sind herzlich eingeladen zum gemeinsamen Gebet. Die Reihe "Abendlob - das Vaterunser" war als Gebetstreffen an fünf Mittwochabenden in der Fastenzeit geplant. Nach dem zweiten Abend kam die Coronakrise dazwischen. Daher bietet Gemeindereferentin Carmen Maria Bauer einige Texte zum Nachlesen und Mitbeten an. Bleiben wir in unserer Pfarreiengemeinschaft im Gebet verbunden.

Beginnen wir auch heute wieder in seinem Namen,

auf dass er uns durch dieses Gebet begleite und mit uns sei:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. 

 

Einstimmung

Am Abend eines Tages legen wir als Christen unser Leben voll Vertrauen in seine barmherzigen und großzügigen Hände.

Mit dem gemeinsamen Gebet zeigen wir,

dass wir darauf vertrauen, dass Gott uns

auf unseren Lebenswegen beisteht und uns behütet.

So wollen wir beten:

O Herr,

du weißt besser als ich,

dass ich von Tag zu Tag älter werde.

Bewahre mich vor der Einbildung,

bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema

etwas sagen zu müssen.

Erlöse mich von der großen Leidenschaft,

die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen.

Lehre mich nachdenklich (aber nicht grüblerisch),

hilfreich (aber nicht diktatorisch) zu sein.

Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheit

scheint es mir schade,

sie nicht weiterzugeben – aber du verstehst,

o Herr, dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte.

Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten,

und verleihe mir Schwingen,

zum Wesentlichen zu gelangen.

Lehre mich schweigen

über meine Krankheiten und Beschwerden,

sie nehmen zu und die Lust sie zu beschreiben,

wächst von Jahr zu Jahr.

Ich wage nicht, die Gnade zu erbitten,

mir die Krankheitsschilderungen anderer

mit Freude anzuhören,

aber lehre mich, sie geduldig zu ertragen.

Lehre mich die wunderbare Weisheit,

dass ich mich irren kann.

Erhalte mich so liebenswert wie möglich,

ich möchte kein Heiliger sein

- mit ihnen lebt es sich so schwer –

aber ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels.

Lehre mich, an anderen Menschen

unerwartete Talente zu entdecken, und verleihe mit, o Herr,

die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.

         (Gebet nach K. Wolff)

Einführung

„Unser tägliches Brot gib uns heute!“

Diese Bitte dieses Vaters Unsers klingt so einfach, so klar,

dass mir zuerst der Gedanke kommt:

Da muss ich nicht weiter darüber nachdenken … vielleicht!

       Wenn wir Gott bitten:

Unser tägliches Brot gib uns heute,

dann bitten wir Gott um unser Essen,

darum dass wir heute satt werden,

darum dass wir genügend zum Essen haben.

Aber zugleich geben wir auch unsere Abhängigkeit zu.

       Wenn wir bitten:
Unser tägliches Brot gib uns heute,

dann wissen wir,

dass wir uns Gott verdanken,

wir bekennen, dass er der Schöpfer ist;

wir bekennen, dass er der Geber ist;

wir bekennen, dass wir uns auf seine liebvolle Fürsorge einlassen.

       Wenn wir bitten:

Unser tägliches Brot gib uns heute,

dann vertrauen wir ihm und geben zu,

dass wir nur ein kleines Teilchen in diesem Gefüge Welt sind.

Das mutet schon mal an:

Wir Menschen begeben uns nicht gerne in Abhängigkeiten,

aber hier an dieser Stelle,

da bekennen wir sie laut und deutlich

vor uns selbst und vor den anderen, die mit uns beten.

Das ist eine Seite dieser Bitte.

       Wenn wir bitten:

Unser tägliches Brot gib uns heute,

dann können wir bei genauem Hinhören erkennen,

dass eine doppelte Bitte versteckt ist.

Gib uns unser tägliches Brot,

dann bitten wir doch schon darum,

dass wir satt werden – heute, an diesem Tag.

Da bräuchte es die Zufügung von

Unser tägliches Brot gib uns heute eigentlich schon nicht mehr.

Ja, sie haben richtig gehört: eigentlich.

Denn dieses kleine Worte heute oder

die ganze Doppelung in dieser Bitte,

die möchte uns erinnern,

dass wir von einer Rationierung sprechen.

Anders ausgedrückt würden wir sagen können:

Gib uns so viel, dass es uns für heute reicht,

mach uns nur für heute satt -

gerade in unserer momentanen Situation mit

den Rationierungen oder Hamsterkäufen ganz aktuell ...

Biblische Erzählung

Zu diesem Gedanken der Doppelung in der Vater-Unser-Bitte,

habe ich eine biblische Geschichte herausgesucht.

Es ist eine interpretierte Erzählung – d. h.

der Bibeltext wird schon gleich gedeutet.

Wir hören aus dem Buch Exodus –

Die Israeliten während der Durchquerung der Wüste:

Da gab es wieder einmal, wie üblich, Hunger in der Wüste,

als die israelitischen Sklaven den beschwerlichen

Marsch in die Freiheit angetreten hatten.

Und wenn der Magen knurrt,

entwickelt die menschliche Phantasie dazu Opern und Arien:

Wie schön das doch gewesen sei im Sklavenlager.

Fleischtöpfe habe es gegeben;

satt sei man geworden und überhaupt alles im Überfluss;

alles sei besser gewesen damals! -

Der Hunger ist das eine.

Diese phantastischen Arien vom guten Gestern sind ein anderes.
Das Hungergeschrei hat Gott gehört.

Und damit sie erkennen, dass Gott der Herr ist,

werden sie morgen satt zu essen finden,

Fleisch und was das Herz begehrt.

Und damit sie erkennen, dass Gott der Herr ist,

werden sie morgen zwar satt zu essen finden,

aber nicht mehr, keinen Überfluss, keine Anhäufung

von Kapital aus Brot und Fleisch.
Aber die Kinder Israel in der Wüste sind Menschen wie du und ich.

Und was machen du und ich, wenn es Essen vom Himmel regnet?

Wir horten. Und was macht Gott, wenn wir horten?

ER macht es uns madig. Kübel voller Fäulnis.

Das ist alles, was den Israeliten am nächsten

Tag von ihren angehäuften Vorräten bleibt.

nach Ex 16

 

 

Deutung

Ja, so ist das mit uns Menschen und ja so ist das mit unserem Gott.

Er hat oft und meistens die besseren Argumente.

Er ist unser Versorger, er sorgt sich um uns und für uns.

Er rationiert das Essen.

Und alle werden satt.

Aber wir haben Angst,

dass wir zu kurz kommen.

Dabei erhalten alle soviel,

dass sie satt werden.

So will uns diese Bitte des Vater Unser

zur Bescheidenheit einladen:

Bitte nur für jeden einzelnen Tag um das lebensnotwendige Brot;

Und die Bitte – die impliziert auch die Anderen:

Unser tägliches Brot gibt uns heute.

Auch die anderen mögen satt werden.

Es ist das Brot - für dich, für mich, für alle.

Es ist die Aufforderung zur Solidarität.

Nicht nur ich habe dieses Brot verdient,

nicht nur ich bin Gottes Kind und er sorgt sich für mich:

Nein, hier bitten wir auch:

Gott sorge dich auch um meinen Nächsten, um meine Nächste,

mach sie satt, gib ihm das Brot, das er braucht.

Brot-Meditation

Sicher haben Sie ein Stück Brot, ein Brötchen.

Nehmen Sie sich ein Stück und behalten es in ihren Händen.

Das Stück Brot in deiner Hand erzählt von Mutter Erde,

von der Wärme der Sonne und dem kühlen Regen.

Es erzählt von der Kraft, die im Korn verborgen ist,

vom Wachsen und Fruchttragen,

vom Wind, dem der Halm standhalten musste,

von den Ähren, die geerntet und zu Mehl gemahlen wurden.

Das Stück Brot in deiner Hand erzählt von den Menschen,

von ihren Mühen und Sorgen, ihren Freuden und ihrem Hoffen.

Es erzählt von dem Mangel des Lebens,

von Hunger und Kampf ums tägliche Brot.

Es erzählt von der Armut und der Ungerechtigkeit der Welt.

Es erzählt vom Hunger nach Leben, nach Gerechtigkeit und Frieden.

Es erzählt von der Sehnsucht nach Geborgenheit,

nach Liebe und Anerkennung.

Das Stück Brot in deiner Hand erzählt von der Kraft,

die Menschen haben, von ihrer Lebensenergie und Freude.

Es erzählt von der Gemeinschaft der Menschen,

die sich um einen Tisch versammeln,

von dem Lachen miteinander und der Freude aneinander.

Es erzählt von sattem und erfülltem Leben.

Das Stück Brot in deiner Hand erzählt von

Lebensmangel und Lebensfreude.

Spüre das Brot in deiner Hand.

Die harte Rinde – und das Innere, das so weich und zart ist.

Rieche den Duft des Brotes,

in dem die Fülle des Lebens enthalten ist.

Schmecke das Brot, in dem die Kraft zum Leben steckt.   

Henrike Schmidt

Nehmen sie dieses Stückchen Brot und schmecken das,

was wir gerade gehört haben.

 

 

Deutung

Wenn wir das Wort Brot im Vater Unser gebrauchen,

dann ist nicht nur von dem Stückchen Brot die Rede,

das wir essen, wenn wir Hunger haben.

Das Brot steht für alles,

was wir Menschen nötig haben.

Einige Beispiele waren ja auch schon in der Brot-Meditation zu hören.

Vielleicht können sie nennen,

was dazu alles gehören kann – materielle und immaterielle Dinge:

Kleidung, Zuhause, Freunde, Arbeit, Wohlstand, Freundschaft, Beruf, Schulbildung, Schlaf, Familie, Freude, Lachen, Geborgenheit, Frieden, Anerkennung, Liebe, Gerechtigkeit, ...

Zu unserem Leben gehört vieles,

was wir als wichtig erachten – und was wichtig ist.

Und doch: Auch hier ist wieder unsere Solidarität gefragt.

Unser tägliches Brot.

Das, was auch mein Nächster zum Leben braucht.

Und ich möchte jetzt mit ihnen noch einen Schritt weitergehen.

Gerade die Fastenzeit lädt ein

zum Fasten, zum Gebet und zum Almosen.

Da kann ich mein Gewissen schnell beruhigen, wenn ich bei der MISEREOR-Sammlung mal einen Schein reinstecke.

Aber ist das so gemeint?

Sind wir nicht auch angefragt?

Ist nicht auch unser Konsum zu hinterfragen?

Die Hose gefertigt in Thailand,

die Bananen auf dem Rücken der Südamerikaner,

die Ausbeutung unserer Äcker,

die Tierindustrie und das Leid der Kreaturen, …

Wie haben wir vorhin gehört,

in dieser Bitte steckt Solidarität.

Deshalb lade ich jetzt dazu ein,

dass wir uns heute einmal selbst hinterfragen.

Dass wir zugeben:

So reich waren wir nie wie heute –

so habgierig aber waren wir auch nie wie heute.

So viele Kleider hatten wir nie wie heute –

so ausgezogen, so nackt aber, waren wir auch nie wie heute.

So satt waren wir nie wie heute –

so unersättlich aber waren wir auch noch nie wie heute.

So schöne Häuser hatten wir nie wie heute –

so unbehaust, so heimatlos aber waren wir nie wie heute.

So versichert waren wir nie wie heute –

so unsicher aber waren wir nie wie heute.

So weit gereist waren wir nie wie heute –

so eng aber war für uns das Land nie wie heute.

So viel Zeit hatten wir nie wie heute –

so gelangweilt aber waren wir auch nie wie heute.

So viel wissend waren wir nie wie heute –

so sehr die Übersicht verloren haben wir nie wie heute.

So viel gesehen haben wir nie wie heute –

so blind aber waren wir nie wie heute.

So viel Licht hatten wir nie wie heute –

so dunkel aber war es nie wie heute.

So risikolos haben wir nie gelebt wie heute –

so isoliert aber waren die Menschen nie wie heute.

So eng aufeinander haben die Menschen nie gelebt wie heute –

so weit voneinander entfernt aber waren die Menschen nie wie heute.

 

Vater Unser

Wenn ich sie heute einlade,

das Vater Unser miteinander zu sprechen,

dann sind wir auch eingeladen,

unser Leben immer wieder in seinem Licht zu betrachten.

Das ist nicht immer einfach,

das kann und darf auch schmerzhaft sein.

Aber wir wissen um Gottes trotzdem,

deshalb wagen wir auch heute zu sprechen:

Vater unser im Himmel …

Segen

Bitten wir Gott um seinen Segen:

Gott, öffne mir die Augen,

mach weit meinen Blick und mein Interesse,

damit ich sehen kann,

was ich noch nicht erkenne.

Gott, öffne mir die Ohren,

mach mich hellhörig und aufmerksam,

damit ich hören kann,

was ich noch nicht verstehe.

Gott, gib mir ein vertrauensvolles Herz,

das sich seinem Wort und deiner Treue überlässt

und zu tun wagt,

was es noch nicht getan hat.

Gott, ich weiß, dass ich nur lebe,

wenn ich mich von dir rufen

und verändern lasse.

Amen.

 

… so segne uns der gütige Gott:

Der Vater, der Sohn und der Hl. Geist.

Amen.

Gelobt sei Jesus Christus.

In Ewigkeit. Amen.

Lied

GL 470 Wenn das Brot, das wir teilen

 

Zusammenstellung: Gemeindereferentin Carmen Maria Bauer

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